Coronavirus-Pandemie: eines von zwei Freiburger Unternehmen könnte Liquiditätsprobleme bekommen

Die nach und nach erfolgende Stilllegung der Freiburger Wirtschaft hat zur Folge, dass wir in unbekannten Gewässern navigieren. Sollte die Pandemie länger dauern, wird die Fähigkeit, die laufenden Kosten zu bezahlen, für eine immer grösser werdende Anzahl von Unternehmen nicht mehr garantiert sein. Nur gerade 16 % der 38 befragten Unternehmen (die Umfrage wurde vom 9. bis 18. März 2020 vom Freiburger Observatorium der Wirtschaft durchgeführt) geben an, in Verbindung mit der Pandemie keine negativen Auswirkungen zu spüren. Fast ein Drittel der antwortenden Unternehmen gaben an, kurz- oder mittelfristig Kurzarbeit einführen zu müssen oder diese bereits eingeführt zu haben. 

Für die Unternehmen, die nicht gezwungen sind, ihre Tätigkeit einzustellen, wird alles von der Dauer der Restriktionen abhängen, weil die Sicherheit ihres Personals nicht wirklich garantiert werden kann. Noch beunruhigender ist der Umstand, dass 69 % der Unternehmen angeben, es sei ein Personalabbau möglich, und das trotz der Kurzarbeit. Etwas mehr als einer von zwei Befragten weist auf mögliche Liquiditätsprobleme hin. Auf der Grundlage der eingeholten Daten könnte die Situation ab Juni auf breiter Front kritisch werden für den Fall, dass sich keine Normalisierung abzeichnet. Der am Freitag vom Bundesrat vorgestellte Plan für eine Unterstützung im Umfang von 42 Milliarden Franken ist somit eine absolute Notwendigkeit. 

Erwähnenswert ist, dass über drei Viertel der Befragten die von den Behörden angeordneten Massnahmen als angemessen einschätzen. Die restlichen Unternehmen sind zu gleichen Teilen der Meinung, die Massnahmen seien «übertrieben» oder aber «nicht ausreichend». Man muss allerdings darauf hinweisen, dass der grösste Teil der Antworten eintraf, bevor der Bundesrat in der Schweiz die «ausserordentliche Lage» ausrief mit der Aufforderung, zuhause zu bleiben (mit Ausnahme von zwingenden Besorgungen). 

Riesige Unbekannte: die Dauer der Krise 

Betreffend der Dauer der Krise ist Pessimismus oder zumindest Vorsicht angezeigt. Eines von zwei Unternehmen erwartet langfristige Schwierigkeiten. Ein gutes Drittel gibt an «weiss nicht». Nur eines von neun Unternehmen geht davon aus, dass die Probleme von kurzer Dauer sein werden. 

Was die Vorbereitung auf eine Pandemie anbelangt, gibt ein Drittel der Unternehmen an, diese Art von Krise in Betracht gezogen zu haben. 

Von diesen Unternehmen verfügten zwei Drittel über einen fertigen Plan. Diese Unternehmen haben umgehend die Berufsreisen der Angestellten eingeschränkt und Schutzmassnahmen für ihr Personal erlassen. Ein Teil (40 % der vorbereiteten Unternehmen) haben bereits nach der offiziellen Ankündigung eines neuen Coronavirus’ aus China im Januar Massnahmen getroffen, indem sie zusätzliche Vorräte angelegt haben. 30 % arbeiten ständig mit Vorräten, die für mehrere Wochen reichen. Für jene, die knapper aufgestellt sind, begannen die Probleme ab Januar. Die Probleme verschärften sich anschliessend und betrafen im Februar eine wachsende Anzahl von Unternehmen. 

Am 18. März gaben fast zwei Drittel der Befragten an, sie würden ihre Gewinnprognosen nach unten korrigieren, dies besonders angesichts des Bestellungsrückgangs, der Bestellungsannullierungen, der auf Eis gelegten Projekte (im Bauwesen, wegen Lieferstopps aufgrund des Fehlens von Bestandteilen oder Personals in Quarantäne). Bestimmte Geschäfte mussten ihre Tätigkeit bereits aufgeben (Veranstalter, Restauration, Nonfood-Handel etc.). Eine genaue Einschätzung der Gewinneinbussen ist zum jetzigen Zeitpunkt für die grosse Mehrheit der Unternehmen nicht möglich. Es zeigt sich aber deutlich, dass es eine Wiederaufnahme der Tätigkeit gegen Juni erlauben würde, die Einbrüche abzufedern, es wäre ein Aufhol-Effekt zu erwarten. Davon würden aber nicht alle Unternehmen profitieren können.  

Konjunkturumfrage vom Frühling 2020 

Wie jedes Jahr führt die HIKF zudem zwei Konjunkturumfragen durch. Diejenige vom Frühling wurde vom 10. Februar bis 6. März 2020 durchgeführt. In ihr spiegeln sich die Auswirkungen der Pandemie deshalb nur teilweise. Die Ereignisse überschlugen sich in der Schweiz ab dem 28. Februar, vor allem aber ab Mitte März, als der Bundesrat das Ruder übernahm, wie das im Epidemiegesetz vorgesehen ist. 

An der Konjunkturumfrage vom Frühling 2020 beteiligten sich 303 Unternehmen (alle Mitglieder der HIKF), die insgesamt 16'573 Personen im Kanton beschäftigen. Das entspricht einer von sieben Stellen im Privatsektor. Von den teilnehmenden Unternehmen stammten 125 aus der Industrie- oder Baubranche (das entspricht insgesamt 10'338 Stellen) und 178 aus dem Dienstleistungsbereich (6235 Stellen). Die Repräsentativität ist besonders für die Erstgenannten hoch, ist doch mehr als eine von vier Stellen vertreten. Insgesamt 22 % der Unternehmen sind Exportunternehmen. In der Industrie steigt dieser Prozentsatz auf 27 %. 

2019 war letztlich ein gutes Jahr 

Das Geschäftsjahr 2019 wird insgesamt als gut bis sehr gut bewertet von 46 % der Freiburger Unterneh-men; 24 % schätzen es als schwierig bis sehr schwierig ein und 30 % sprechen von einem stabilen Jahr. Die Zahlen gleichen jenen von vor einem Jahr, als 45 % der Unternehmen ein positives Geschäftsjahr 2018 verzeichneten, gegenüber 22 %, die ein negatives Geschäftsjahr verzeichneten. Der Sektor Industrie/Bau erlebte aber doch ein schwieriges Jahr, mit 30 % der Unternehmen (25 % im Jahr 2018), die das Jahr als schwierig bis sehr schwierig einschätzten, gegenüber 42 % von positiven Rückmeldungen. 

Detaillierter betrachtet ist es vor allem die Exportindustrie, die gelitten hat, mit einem guten Drittel der Unternehmen, die einen Rückgang der Verkäufe im Ausland verzeichneten. Diese Feststellung wurde bereits anlässlich der Konjunkturumfrage 2019 gemacht. Die Gründe für die Verlangsamung sind in einem Rückgang der Nachfrage zu suchen, in Verbindung mit einer Einbusse der Dynamik in der gesamten Weltwirtschaft. Der verlangsamte Antrieb ist auf den Handelskrieg zurückzuführen, der das ganze Geschäftsjahr 2019 über andauerte. Der Konflikt äusserte sich in protektionistischen Massnahmen der USA, Chinas und Europas, die direkte Auswirkungen auf die Freiburger Wirtschaft zeitigten und noch zeitigen werden. Die Freiburger Wirtschaft exportiert Waren im Umfang von mehreren Milliarden Franken (davon 1 Milliarde in der Maschinenindustrie z. B.). 

Im vergangenen Geschäftsjahr haben 38 % der Unternehmen einen Umsatzzuwachs verzeichnet, gegenüber 27 %, die einen Rückgang, und 35 %, die Stabilität verzeichneten. In Bezug auf die Gewinne teilen sich die befragten Unternehmen auf drei fast gleichmässige Teile auf: 33 % verzeichnen einen Anstieg, 32 % einen Rückgang und 35 % Stabilität. Der Unterschied zwischen Industrie/Bau und dem Dienstleistungssektor äussert sich vor allem in den Unternehmen, die einen Rückgang zu verzeichnen hatten: Was die Umsätze betrifft, verzeichnen 34 % aus Industrie/Bau einen Rückgang, während es bei den Dienstleistungsunternehmen nur 22 % sind. Gewinne: 36 % der Unternehmen aus Industrie/Bau verzeichnen 2019 einen Rückgang, gegenüber 29 % bei den Dienstleistungsunternehmen. 

2020 startete positiv 

Trotz des Beginns der Corona-Krise in China anfangs dieses Jahres und des Handelskriegs – der seit Januar ausgesetzt scheint – startete das Jahr 2020 eher positiv. Von den an der Umfrage beteiligten Unternehmen erwarteten 34 % steigende Umsätze (35 % im Sektor Industrie/Bau) und 40 % eine stabile Lage. Nur gerade 21 % erwarteten einen Rückgang der Verkäufe. Bei den Gewinnen war die Situation gleich: 33 % erwarteten eine Zunahme und 40 % eine stabile Entwicklung. Industrie/Bau befanden sich auf derselben Linie. Was die Beschäftigungszahlen anbelangt, rechneten 21 % der Unternehmen mit einem Anstieg (26 % vor einem Jahr), gegenüber 8 %, die damit rechneten, das Personal zu reduzieren (6 % im Frühling 2018), der Rest sah keine Veränderungen vor. 

Die Stilllegung von ganzen Wirtschaftsbereichen, in der Schweiz und weltweit, wird unweigerlich dazu führen, dass die Aussichten drastisch nach unten korrigiert werden müssen. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) gab am 19. März an, es sei «wahrscheinlich», dass das Schweizer BIP über das Jahr 2020 hinweg rückläufig sein werde. Das SECO gab am selben Tag an, es erwarte eine Einbusse von 1,5 % für das laufende Jahr, mit einem merkbaren «Rebound» 2021. Aber die Unsicherheit dieser Prognosen ist gemäss Aussage des Bundes «extrem hoch». 

Sorgen: die allgemeine wirtschaftliche Situation und die Konkurrenz 

Die Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen Lage und die Intensivierung der Konkurrenz waren anfangs Jahr klar die beiden grössten Sorgen der Freiburger Unternehmer. Ein Unternehmen von zwei nennt diese Sorgen an erster Stelle. An dritter Stelle folgt die Akquirierung von neuen Kunden. In der Branche Industrie/Bau hingegen ist die drittgrösste Sorge die Schwierigkeit, Personal zu finden (bei den Dienstleistungsunternehmen an 4. Stelle). In den Industriebetrieben steht die Frankenstärke auf dem 4. Rang der Sorgen und betrifft 27 % der befragten Industrieunternehmen. Mit 1,05 Franken für einen Euro befindet sich die Schweizer Währung auf dem höchsten Niveau seit 2015, als die SNB die Untergrenze aufhob. 

Bei den angeführten Sorgen spielte der Coronavirus, der in Asien schon seit anfangs Jahr ein Thema war, nur eine marginale Rolle, unter der Rubrik «andere». Die Befragten haben diese Frage womöglich unter die allgemeine Situation der Wirtschaft gerechnet, das ist allerdings nur eine Hypothese. 
 

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